Gelenkprothesen wurden bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt. Der berühmteste Entwickler von Kunstgelenken war Themistokles Gluck (1853-1941). Er ersetzte verschiedene Gelenke durch Elfenbeinprothesen.
Anfangs des 20. Jahrhunderts wurden mit der Legierung Vitallium (Kobalt-Chrom-Molybdän) Knieprothesen hergestellt. Die erste erfolgreiche Implantation einer Knieprothese gelang Walldius 1951. Es handelte sich um eine Scharnierprothese, bei der Oberschenkel- und Unterschenkel-Anteil fest miteinander gekoppelt sind. Mit einer derartigen Prothese ist das Kniegelenk sofort nach der Operation stabil („es hält“), was bei Defektzuständen (siehe unten) nicht anders zu erreichen ist. In den folgenden 60-er und vorallem 70-er Jahren wurden dann zunehmend derartige Systeme eingesetzt. Der grosse Nachteil von Scharnier-Prothesen ist deren Grösse oder Volumen. Dies bedeutet, dass viel Knochen an Ober- und Unterschenkel für die Verankerung verlorengeht. Kommt es zu einer Wechseloperation, was zu Beginn noch häufig war, werden die Knochendefekte noch viel grösser. Deshalb hat die Verbreitung der Knieprothese zu Beginn deutlich hinter derjenigen der Hüftprothesen gelegen. Der Durchbruch in der Knieprothetik gelang nach Entwicklung der sogenannten „Oberflächen-Prothesen“ in den 80-er Jahren. Mehrere Forschergruppen haben daran gearbeitet, eine Prothese herzustellen, bei deren Einsetzen möglichst wenig Knochen entfernt werden musste. Alle fanden als Lösung Prothesenteile, welche nur noch den arthrotisch veränderten Knochen mit einer dünnen Metall-Schale ersetzten. Somit waren die Prothesenteile auch nicht mehr gekoppelt (=fest miteinander verbunden durch einen Scharniermechanismus). Die Bänder und Kapsel der Kniegelenke mussten erhalten werden und auch gut funktionieren,
damit die Gelenke „stabil“ blieben und das Prothesen-Knie funktionstüchtig wurde. Das Einsetzten einer Scharnier-Prothese ist heute extrem selten geworden und nur noch nötig, wenn die Seitenbänder vollständig funktionslos sind, bei extremen Fehlstellungen (X- oder O-Bein) oder bei sehr grossen Knochendefekten an Ober- oder Unterschenkel. Meistens sind die Bänder und die Gelenk-Kapsel gedehnt, aber noch absolut genügend für das Einsetzen einer Oberflächenprothese.
Heute existieren viele Knieprothesen-Systeme, welche ausgezeichnet funktionieren und sehr lange Laufzeiten/Lebensdauer haben. Die verschiedenen Philosophien, welche der genauen (Oberflächen-) Prothesenform zugrunde liegen („Kreuzband-erhaltend“, „Kreuzband- resezierend“ und andere Kriterien der Oberflächenkontur) scheinen auf das Langzeitverhalten wenig Einfluss zu haben. Man könnte sagen, dass eine richtige eingesetzte Knieprothese in der Regel sehr lange funktionieren sollte. Gemäss Langzeitstudien ist die Lebensdauer einer Prothese aus den 90-er Jahren gut 20 Jahre (mit einer Sicherheit von nahezu 90% = 90% der Prothesen wurden nicht gewechselt und funktionieren - ev. wurden aber «service-arbeiten» gemacht). Heute liegen die Schwerpunkte in der Knieprothetik einerseits in der Implantations-Planung und Implantations-Technik und andererseits in der Entwicklung von neuen Lösungen für das Oberschenkel-Kniescheiben-Gelenk. Dazu erfahren Sie weiter unten mehr.
Bei der klassischen oder herkömmlichen Vorgehensweise wird die Operation anhand von normalen Röntgenbildern (diese sind für die Beurteilung bei jeder Technik notwendig) geplant. Auf diesen Bildern werden die Knochen- und Schnittlinien und eventuell die Prothesengrössen für die Operation eingezeichnet. Diese Planung ist sehr einfach. Während der Operation werden dann mit Hilfe von «Standard»-Schnitt-Lehren und Schnitt-Blöcken und Distanzhaltern, möglicherweise auch Spannungsmessern, schrittweise der Knochen und die Weichteile auf die Aufnahme der Prothese vorbereitet. Dabei wird laufend die Grösse von Schnitten, die Ausrichtung, die Spannung und schlussendlich das Gleiten von verschiedenen Teilen aufeinander, geprüft.
Bild 1: «AIO» = all in one der Firma United
Resektions-Hilfen und Schnittlehren der «neuesten Generation» (z.Bsp. «AIO» = all in one Firma United, Bild 1) ermöglichen eine ausgesprochen genaue Platzierung der Prothesen-Komponenten. Diese Technik stellt immer noch den «goldenen Standard» dar, an dem sich alle anderen Implantationsarten messen müssen. Mit dieser jederzeit zur Verfügung stehenden Operations-Art können die oben erwähnten sehr guten Langzeitergebnisse erreicht werden.
Bild 2: Patienten-Spezifische-Resektionshilfe
Bei der Verwendung von Patienten-Spezifischen-Resektionshilfen («PSR», Bild 2) ist der ganze Ablauf von Planung und Operation verschieden. Nach der Diagnosestellung «Prothesen-bedürftige-Arthrose» wird zur Operations-Planung eine Tomographie (Schicht-Röntgen, CT oder MRT) vom betroffenen Knie und den angrenzenden Gelenken durchgeführt. Mit den erhaltenen digitalen Daten kann nun eine externe Firma eine virtuelle Rekonstruktion des Knies im Computer hergestellt werden. Dann wird entsprechend der Arthrose, Fehlstellung und «Eigenheiten des Patienten» eine ideale Prothesen-Platzierung simuliert. Im nächsten Schritt werden mit Hilfe eines 3-D-Druckers «Patienten-spezifische-Resektionshilfen» angefertigt, welche für die Operation verwendet werden (Bild 2).
Der ganze Prozess von der Herstellung der Tomographien bis zum Eintreffen der Schnittblöcke im OP des Spitales dauert etwa 6 Wochen. Die Weichteil-Eingriffe (Hautschnitt, Lösen von Verwachsungen etc.) entsprechen der der «herkömmlichen», «golden Standard-« Technik. Am Oberschenkel-Knochen muss allerdings kein zentrales Bohrloch angebracht werden, was den Blutverlust, zumindest theoretisch, vermindert und die Rehabilitations-Phase vereinfachen kann.
Die «neueste und modernste» Operations-Technik stellt die Implantation mit Hilfe der «erweiterten Realität- augmented reality-Brille» dar (Bild 3). Es handelt sich hier um ein Zusammenspiel von digitalen/virtuellen und analogen/realen Inhalten. Die Gewinnung der digitalen Inhalte entspricht einer höchstentwickelten Computer-Navigation. Die erhaltenen Knochenschnitt-Positionen können jederzeit «real» kontrolliert werden. Die Vorteile dieser Technik entsprechen denjenigen der oben beschriebenen «PSR»-Technik. Sie ist allerdings eine «real-time»-Operation, was heisst, das die gesamte Planung im Operationssaal geschieht und als entscheidender Vorteil bei gleicher Genauigkeit keine Vorlaufzeit notwendig ist.
Bild 3: Augmented Reality Brille
Patientenspezifische, massgeschneiderte Knie-Prothesen (mit Grundlage einer Computer-Tomographie «CT») stellen eine grundlegende Neuerung in der Knieprothetik dar, indem die Prothese selbst «individuell» ist. Der Individualisierungs-Grad ist allerdings bisher unvollständig und der Nutzen dieser Prothesen ist noch unbekannt. Theoretisch könnte mit einer individualisierten Prothese die natürliche Knieform und -Funktion wiederhergestellt werden. Diese Technik befindet sich insgesamt betrachtet noch in einem «Forschungs-Stadium» und bringt auch hohe Kosten mit sich. Die OCWeber vertraut auf Prothesen, welche Tausend-fach produziert werden und eine extrem hohe Fertigungs-Qualität und damit Sicherheit aufweisen. Wir verwenden diese Individual-Prothesen also nicht.
Wir beraten alle Patienten individuell und somit ergibt sich bezüglich der Wahl der Implantations-Technik auch immer eine sehr persönliche Situation. Wir führen alle oben erwähnten Techniken regelmässig durch, wobei die Technik der «augmentierten Realität» 2021 eingeführt wurde. Die konventionelle Technik ist der «goldene Standard» und immer sofort realisierbar.
Die Technik der PSR benötigt eine Vorlaufzeit von im Schnitt 6 Wochen, eine zusätzliche Tomographie-Untersuchung und die Anfertigung von individuellen Schnittblöcken. Dies kann in gewissen «Knochen-Defekt-Situationen» die Operation vereinfachen. Die neuste Technik der «augmentierten Realität» wird sich mittelfristig möglicherweise durchsetzen bei gleicher Präzision und häufig etwas geringerem OP-Trauma (wie PSR). Die mittlere OP-Zeit beträgt für alle Techniken 60-90 Minuten.
Die sehr neue Technik mit Verwendung eines Roboters entspricht einer Navigations-Technik (Prinzip s. augmented reality) in Kombination mit einem automatisierten Schneiden des Knochens. Diese Technik ist elegant, bietet aber keine Verbesserung des Resultates verglichen mit allen anderen Techniken. Sie ist zudem sehr viel teurer: aktuell werden Zusatzkosten für die Operation von CHF 2500.- berechnet. Zudem ist vor einer Operation auch die Durchführung einer Planungs-CT oder -MRT zusätzlich notwendig. Die OCWeber favorisiert, wenn die jeweilige Situation ein spezielles Vorgehen erfordert, die Technik der augmentierten Realität (siehe dort), bei der die Zusatzkosten CHF 300 betragen.
Von unserer Patientin Tanita (20) erreicht uns dieses Video. Es zeigt sie 8 Monate nach der 2. Kreuzband-Ersatz-Operation beim Fussball-Training. Sie schickt uns den Film zum "posten", was wir sehr gerne machen.
Geschichte: Tanita erlitt 15 jährig beim Fussballspielen einen Riss des vorderen Kreuzbandes am linken Knie. Es wurde ihr in Luzern ein Teil des Kniescheibenbandes (BTB) als Transplantat/Ersatz mit Erfolg eingesetzt. Nach 4 Jahren intensiven Fussball-Spielens, teils halb-professionell, riss das Transplantat. Das Knie wurde schmerzhaft und instabil. Eine zweite Operation wurde notwendig. Diesmal setzten wir arthroskopisch eine Sehne vom Oberschenkel (Semitendinosus, 4-fach) als Kreuzband-Ersatz ein. 8 Monate später ist das Knie ohne Erguss, ohne Schmerzen, stabil und belastbar.
Je älter wir werden, desto grösser sind die Abnützungserscheinungen in den Gelenken. Ein Problem ist Arthrose am Knie und dies kann sehr einschränkend sein. Was hilft bei Knieschmerzen? Was lässt sich konservativ erreichen und wann braucht es eine Operation? Dr. Weber erklärt bei Gesundheit Heute, was beim Entscheidungsprozess zu berücksichtigen ist und welche Aussichten es gibt.